Wir freuen uns sehr auf die Einladung von Susan nach Homer und sind auf der Jagd nach den ganz großen Fischen. Wir fahren zum Ankerriver. Einer der typischen Flüsse hier in Alaska, dessen Wasser in diesem Fall in das Cook Inlet mündet um sich dann, verbunden durch die Kennedy Entrance mit dem Meerwasser des Golfes von Alaska zu verbinden. In diesen Fluß kommen zur Zeit drei der fünf vorkommenden Lachsarten vor, die Cohos, die Silverlachse und die Sockeyes, die Rotlachse. Wenn wir viel, viel Glück haben, auch mal ein paar Chinooks, die Königslachse, welche die beliebtesten sind, da sie zum Ersten in den gletschergespeisten Flüssen vorkommen und deshalb mit leichten Fettadern durchwachsenes sehr schmackhaftes Fleisch besitzen und zum Zweiten zu den größten ihrer Art zählen. Es ist natürlich eine Herausforderung, sich mit ihnen zu beschäftigen. Allerdings benötigt man für die Kings eine besondere Lizenz, so daß wir uns natürlich hauptsächlich auf alle anderen freuen. Außerdem schließt meine teure Lizenz, die für sieben Tage und ganz Alaska gilt auch alle heimischen Arten mit ein, wie zum Beispiel den Arctic Grayling, den sehr schmackhaften Dolly Varden und einige Forellenarten. Die Geschichte der Lachse ist so superinteressant und hautnah zu erleben, daß wir manchmal Stunden zubringen, sie zu beobachten und natürlich zu angeln.
Das sogenannte Fishinghole (Angelloch) wurde künstlich angelegt, indem man etwa vor 20 Jahren Fischlaich einsetzte. Jetzt kommen die Fische jedes Jahr zum Laichen wieder.
Mittlerweile werden die Tage wieder kürzer und es wird schnell dunkel. Wir können kaum noch etwas erkennen und wollen gerade unseren Kram packen, da hören wir wieder ein lautes Plätschern. Das muß ein Großer sein! Es ist unglaublich, wie viel Kraft es den Fisch kosten muß, wenn er durch wenige Zentimeter tiefes Wasser flußaufwärts strebt und dabei teilweise über zwei Drittel aus dem Wasser ragt. Ich kann mir dabei immer gut vorstellen, wie das Leben mal aufs Land kam, da ja genau da die Lücken in der Darwinschen Evolutionstheorie bestehen. Naturwissenschaftler und Anthropologen versuchen durch prähistorische Funde und durch Theorien diese Lücken zu schließen, während die religionsgebunden Christen und Theologen sie durch den Begriff Schöpfung neutralisieren. Meinem unfreien Geist bleibt also viel Raum für eigene Theorien und Spekulationen. Der Lachs kommt immer mit der Flut vom Meer in die Flüsse. Wir richten uns also nach dem Flutkalender, den man hier überall in den Geschäften und Angelshops bekommt. Sie wechselt ca. alle sechs Stunden von Hoch- zu Niedrigwasser und die Lachse die sich in größeren Schwärmen vor den Flußmündungen sammeln, kommen bei Hochwasser in die Flußdeltas wo der schwierigste Teil ihrer Wanderung zum Ursprung ihres Lebens beginnt. Sie legen vorher Reserven an und jagen Unterwegs nur noch sporadisch, bis gar nicht mehr, so daß viele zum Teil als recht unsportlich bis kriminell bezeichnete Jagdmethoden angewendet werden um sie an Land zu bekommen. Zum Beispiel werden Schnüre mit schwerem Blei bestückt um den am Ende befindlichen sehr scharfen Drillingshacken beim durchs Wasser ziehen in alles einzutreiben, was sich in seinem Weg befindet. Man nennt das hier »Snagging«. Die Fische werden dann am Schwanz, am Rücken oder irgendwo anders getroffen und einfach aus dem Wasser gezogen. Der hier hat dererlei von uns nicht zu befürchten, nichts desto trotz wollen wir ihm ans Leder und ihn auf dem Grill sehen. Ich führe meinen Blinker direkt vor seinem Maul vorbei doch er zeigt keine Reaktion. Er hat sich auf dem Weg durch die letzte Stromschnelle total ausgepowert und pausiert zum Kräftesammeln im tieferen Wasser. Wir können ihn fast anfassen so nah ist er uns. Er mißt etwa einen Meter und bringt bestimmt locker seine sechs, sieben Kilo auf die Waage. Leider können wir aufgrund der Dunkelheit nicht mehr erkennen, ob es ein King ist. Sehr beeindruckend, wie er sich die flache, über tausende Steine fließende Stromschnelle hocharbeitet und mit kurzen, schnell aufeinander folgenden Hieben seiner gewaltigen Schwanzflosse, Stück für Stück vorwärts schiebt, im nächsten Moment ausruht, um dann wieder voller Kraft seinen schweren Körper vorwärts zu schieben. Wir lassen ihn in Ruhe. Nicht nur aus Respekt sondern weil es doch auch im Sommer recht kühl wird nachts.
Unsere sieben Sachen sind schnell zusammen gepackt und wir ziehen ab. Interessant wie sehr einen doch der Jagdinstinkt vereinnahmt, wenn man einen Fluß voll mit großen Fischen vor sich sieht. Und das nach Jahren der Zivilisation und des Fischkaufens im Supermarkt.
Wir essen dann also mal Nudeln zur Abwechslung, denn jeden Tag Fisch, das hält ja Keiner aus.