Meilenriver
Ein Gewitter zieht auf. Hoffentlich sind wir schneller als der Regen.
Ein angebrannter Wald so groß wie Nordrhein-Westfalen braucht fast 25 Jahre um sich zu reproduzieren.
Die Firefighter meinen, der viele Regen in den letzten Tagen würde die vielen Brandherde löschen und daß ihre Arbeit hier dann bald erledigt sei. Sie sitzen um ihr kleines Feuer und sehen wirklich fertig aus. Einer wie der Andere. Sie sind ganze Kerle, die amerikanischen Helden bieten uns freundlich ihr Feuerholz an. Wir sind hier am 50-Meilen-River. Das ist in der Mitte der tiefsten Tundra und es gibt kaum Privatbesitz. Ein Haus, welches wir schon gesehen haben als wir den langen Hügel herunter zur Brücke kamen, ist aber ein privates. Die Frau des Besitzers kam uns auf einem Fahrrad entgegen. Das war schon recht ungewöhnlich für diese weite Wildnis. Sie erzählte auch gleich, daß sie auf ihren Mann warte, der eigentlich schon lange überfällig ist und bestimmt wieder irgend welche Freunde getroffen hat. Sie ist etwa zwischen Vierzig und Fünfundvierzig, nur 1,60 bis 1,65 klein und hat schon ein bißchen grau meliertes Haar. Ihr Hund, ein schöner hellbrauner Irish Setter, hat eine recht große Wunde am Ohr, eine Entzündung, die sie mit Essig behandelt hat. Sie fragt uns, ob wir irgend welche Waffen dabei haben und meint dann, sie hätte auch keine. Sie verjage die Bären mit Steinen. Also ich habe mir sagen lassen, ein Grizzly sei das wirkliche Ende der Nahrungskette. Wenn der etwas zu Fressen wittert, geht er es holen und läßt sich durch nichts davon abbringen. Mit den Schwarzbären kann man noch kämpfen, aufgrund ihrer Größe. Die braunen sind träge und groß, und wenn man laut ist, lassen sie Einen auch in Ruhe. Aber der Grizzly ist die Freßmaschine der Tundra. Das Lautsein ist übrigens echt ein Problem für jemanden wie uns, die wir ja eigentlich eher ruhig sind und den Lärm meiden.
Sie ist auf jeden Fall sehr gesprächig und man merkt ihr an, das sie nicht so oft Jemanden zum Tratschen hat. Einer ihrer Nachbarn, ein Goldgräber, hat vor kurzer Zeit einen Schwarzbären angeschossen. Als er ihn nicht finden konnte und später mit seinem Hund zurückkam, war der Schwarze schon von einem Braunbären gefressen worden. Und heute erst hat sie wieder mit ihren Raben gesprochen. Sie füttert sie, und sie kommen immer in die Nähe ihres Hauses um sich dann in den Bäumen um ringsum niederzulassen. Sie seien schon richtig fett geworden.
Die Menschen haben sehr zu leiden unter den Waldbränden, wenn man bedenkt, daß hier ein Gebiet abgebrannt ist, welches die Größe von Sachsen hat. Wir sind selbst auf dem Rückweg von Prudhoe Bay eine Woche lang im Smoke gefahren, daß man die Sonne manchmal nicht mehr sehen konnte und das Grün der Natur sich durch den Staub in der Luft in ganz unnatürliche Farben verwandelte. Die Sonne, in die man ohne weiteres hineinsehen konnte, sah aus wie eine große leuchtende Orange.
Die Frau ist fröhlich und man merkt, das sie mit ihrem Leben recht zufrieden ist. Außerdem sind da noch die Firefighter, die schon seit einem Monat am Fluß campen. Mit einigen habe sie schon Freundschaft geschlossen, obwohl die Leute ständig wechseln.
Die immer noch sehr goldhaltigen Flüsse wurden ausgebaggert und große Trucks fuhren den Aushub zu Goldwaschanlagen wie dieser wo Ladung für Ladung dann ausgewaschen wurde.
Naja, wir campen da drüben am Flußufer und sie meint, sie käme morgen früh mal mit ihrem Mann vorbei. Ein schönes Leben finde ich, wie sie so für die Tundra schwärmte.
Wir wollen weiter nach Eagle, der kleinen Stadt am Yukon, die das Ziel so vieler Goldsucher war. Sie ist der Zielpunkt des berühmten Eagle-Trail gewesen, der in Valdez beginnt und mitten durch die Berge führt. Danach verlassen wir Alaska, um endlich die Grenze nach Kanada zu überschreiten.
Diesen Pfeil beachten wir nur zu gern, da uns 300 m steiler Abhang erwarten würden. Der Ausblick über die unendlichen Flußtäler läßt mich immer wieder zur Kamera greifen
