Ein schneeweißer Schaufelraddampfer inmitten der großen grünen Tundra. Wir sind gerade die lange Gerade von den Bergen herunter nach Eagle gekommen und direkt am Ortseingang sehe ich dieses große weiße Schiff. Sie weiß wie es strahlt, muß gerade erst ganz frisch gespritzt worden sein.
Der weiße Dampfer, wie eine Fata Morgana taucht er plötzlich vor uns auf, schneeweiß und komplett aus Stahl
Wir satteln ab und wollen uns die Sache ein wenig näher anschauen. Es ist riesig und komplett aus Stahl. Ein Schiff wie die alten Schaufelraddampfer auf dem Missisippi, mit drei verschiedenen Decks, einem langen Schornstein und vielen vielen Fenstern. Es geht etwas unglaublich Gewaltiges von ihm aus. Nicht wie die alten Schiffe, die man von Zeit zu Zeit in alten Häfen zu sehen bekommt, die überall rosten und deren Flußgeschichten Bände füllen würden. Oder die umgerüstet zu Restaurants irgendwo ihr altwürdiges Rentendasein fristen. Nein, hier fühle ich etwas ganz anderes. Dieses Boot ist nagelneu. Jeder Bolzen, jede Schraube, die Fenster, der Rumpf – einfach alles. Man kann förmlich noch den Rauch riechen, der beim Zusammenschweißen entsteht. Es ist noch völlig jungfräulich und hat noch nie das Wasser gesehen. Es steht im Trockendock, oder besser gesagt, auf einem großen Tieflader und wartet auf die restlichen Arbeiten, die noch an ihm zu verrichten sind. Zwei Männer, etwa im Alter von fünfzig Jahren, kommen auf uns zu und schmunzeln, als sie unsere offenen Münder sehen. Sie sind die alleinigen Erbauer der wunderschönen Flußprinzessin und führen uns nicht ohne Stolz auf ihrem Schiff herum. Die Bauzeit beträgt nun ziemlich genau vier Jahre, meint der etwas hagerere von Beiden, wenn man bedenkt, daß die Halle gleich daneben extra dafür gebaut wurde, kommen noch einmal zwei Jahre dazu.
Die Halle der schönen Flußqueen ist schon lange zu klein geworden.
Charly und Nike, so heißen die Beiden, hatten sehr viel Trouble mit den Sicherheitsbehörden, da die Bestimmungen für Personentransporte hier sehr streng sind. Die Beamten kamen oft von Fairbanks rübergeflogen, um Schweißnähte und tragende Teile zu kontrollieren. Wahrscheinlich ähnlich wie in Deutschland. Die Beiden haben alles allein gebaut, geschweißt, gedreht, beschlagen und zusammengeschraubt. Nur zum Bewegen großer Sachen heuerten sie sich eine Hand voll Arbeiter an. Respektvoll bestaunen wir die einzelnen Decks und Kajüten, den Maschinenraum mit der restaurierten alten Dieselmaschine und natürlich das Oberdeck mit dem Steuerhaus.
Die beiden Erbauer führen uns durch das ganze Schiff, bis hinauf ins Steuerhaus und präsentieren uns ihre wirklich gelungene Arbeit.
Sorgenvoll meint er, das Steuerhaus müsse auf dem Weg zum Fluß noch einmal runter, weil sie sonst an den Oberleitungen hängenbleiben. Was für eine Kleinigkeit für mich, in Anbetracht des riesigen Schiffes und der Leistung, die die Beiden in langen sechs Jahren harter Arbeit geschafft haben. Hier in Eagle gibt es ja absolut nichts und sie mußten oder besser müssen immer noch alles von weither holen. Über den gleichen endlosen Taylorhighway, den wir gekommen sind, Berg auf, Berg ab, durch tiefe Täler und Schluchten. Die einzige Landverbindung die existiert. All den Stahl, die Schrauben, die Maschine, die vielen Bleche für die Wände und nicht zu vergessen das zusätzliche Triebstrahlruder, welches beim Navigieren helfen und natürlich als Sicherheit im Falle eines Maschinenschadens dienen soll. Es saugt in Front das Wasser an und stößt einen starken schwenkbaren Strahl mit ganzer Kraft wieder aus.
Und diese riesige Kette bringt die Kraft der Dieselmaschine auf die Schaufelräder, ein Kettenglied mißt etwa die Länge eines Unterarmes.
Charly und Nike, die alleinigen Erbauer des Stahlriesen, nehmen die Beine in die Hand als ich sie um ein ganz kleines Foto bitte.
Das Boot hat noch keinen Namen, aber es gibt eine Werbeagentur, die sich bereits um die Vermarktung kümmert. John und Mike wollen selbst die Eigner bleiben und freuen sich natürlich schon auf die Zeit wo alle mit ihrem Boot fahren wollen und sie sich genüßlich zurücklehnen und ihre Arbeit genießen können. Muß ein irres Gefühl sein, so eine Leistung zu vollbringen. Ende August soll sie schon zu Wasser gelassen werden. Wir wünschen ihnen viel Glück für ihr gewaltiges Vorhaben und bedanken uns für die Zeit, die sie sich für uns genommen haben. Sie gehen wieder an ihre Arbeit zurück und wir machen uns auf den Weg, den großen gewaltigen Yukon zu begrüßen, der mich immer wieder in seinen Bann zieht.