Mark von dem Segler »Melodie«, mit dem wir schon vor längerem Kontakt aufnahmen und dessen E-Mail-Adresse wir von Marten, einem Holländer den wir in Chichinitza/Mexiko trafen, bekamen, schreibt uns, daß er leider am 17. November 2005 seine letzte Tour nach Cartagena fährt. Er versprach aber, sich um Ersatz zu kümmern.
Gerade als wir einige Tage in Panama waren, bekommen wir eine Nachricht von John und Christine von der »Gabriella«. Sie schreiben, daß sie in Vertretung für Mark fahren und stellen uns ihr Schiff vor. Eine 22-m-Motoryacht mit allen Raffinessen und allem vorstellbaren Luxus. Auf ihrer Webseite (siehe Links) sehe ich dann auch einige Bilder und ich muß feststellen, daß mir der Verzicht auf das Segelabenteuer durch die Karibik mit meinem Motorrad nicht unbedingt schwer fallen würde. Die »Gabriella« ist mittlerweile eine Dame reiferen Alters, aber dafür ein Klassiker wie man seinesgleichen nur schwer findet. In allen Kabinen kann man stehen und sogar im Maschinenraum ist genügend Platz für den etwa 1.90 m großen Kapitän. John hat das Schiff vor fünf Jahren mit viel Liebe aufgebaut und restauriert. Wir sind sehr gespannt, obwohl die »Gabriella« im Internet nur für Charterreisen zu den San-Blas-Inseln und Preise, die überhaupt nicht unseren Vorstellungen entsprechen, angeboten wird. Wir treffen die Kapitänsleute noch in Panama, wo sie persönlich bei Richie in Zuly’s Backpacker vorbeischauen und machen die Überfahrt klar. Wir erfahren, daß die Yacht, welche für gewöhnlich mit vier bis sechs Leuten fährt, nun mit etwa zwölf Backpackern unterwegs sein wird. Das kann ja echt lustig werden. Sozusagen ein schwimmender Backpacker. Geplant ist, Montag früh 6:30 Uhr in Portobelo/Panama abzulegen und dann Richtung San Blas in See zu stechen. Nach drei Tagen Inselabenteuer in der Karibik, mit Baden, Strandparty und Schnorcheln, geht es weiter Richtung Südamerika. So daß wir nach insgesamt fünf Tagen Cartagena erreichen.
Sonntag in aller Frühe wollen wir aufbrechen, erfahren aber dann von Birgit (Österreich) und ihrem Freund Paul (USA), die auch im Zuly’s abgestiegen sind und ebenfalls die »Gabriella« gebucht haben, daß das Schiff erst Dienstag früh in See stechen wird. John und Christine wollen wohl wirklich die zwölf Leute für die Überfahrt zusammenbekommen. Nun, wir fahren einen Tag später, am Montag. 15:00 Uhr sollen die Motorräder im Hafen von Portovelo verladen werden. Als ich erfahre, daß es in Portovelo, einer kleinen Hafenstadt, die sogar ein altes, wenn auch etwas verfallenes Fort besitzt, weder eine Bank noch ein Internetcafé gibt, beschleicht mich eine kleine, aber grausige Vorahnung. Ich hatte im Reisebericht von einigen Freunden vor Monaten von einer Chaosfahrt gelesen. Da mußten die Motorräder in einem Dingi (Schlauchboot mit Außenborder) zum Schiff gebracht werden. Ich sah davon auch Fotos im Internet und dachte nun mit Bestürzung an meine etwas schwere aber treue und gutherzige Yamaha. Sollte sie wirklich, nach so vielen gemeinsamen Kilometern und bestandenen Abenteuern, geplatzten Reifen, kleinen Stürzen, staubigen Bergpässen und schlammigen Paßstrassen, ihre letzte Ruhe in der brackigen Brühe einer kleinen und unscheinbaren Bucht von Panama finden? Ein Gedanke bei dem mir die Haare zu Berge standen. Dann wäre alles gelaufen. Ich schiebe den Gedanken von mir und denke positiv.
Wir trudeln auf der recht guten Straße dahin und ich stelle mir schon die schneeweißen Strände der kleinen Inseln vor, als Portovelo in Sicht kommt. In der kleinen Bucht ist alles recht übersichtlich und ich erkenne von weitem schon die »Gabriella«, wie sie ruhig im Wasser liegt - allerdings ca. 150 m vom Ufer entfernt. Es ist also doch wahr! Von wegen Hafen, ein klappriger Holzsteg ist alles, was ich sehen kann. Da stehen einige Boote aus Holz. Zur Not werde ich den Transport selbst organisieren und mir ein solches Boot mieten. Wir sind überpünktlich und legen uns noch ein bißchen faul in die Sonne. Stephan, ein weiterer Österreicher, der allerdings, wie sich das für einen Bergländer gehört, Steigeisen und Eispickel dabei hat, hat ebenfalls auf der »Gabriella« eingecheckt und wir klönen ein wenig über den kleinen Freistaat Vorarlberg in Österreich, aus dem man ihn in die Welt hinausgeschickt hat, einige amerikanische Sechstausender zu besteigen. Da erscheint das dritte Bike im Bunde. John hatte bei seinem letzten Besuch im Backpacker in Panama erwähnt, daß eventuell noch ein dritter Biker mit von der Partie sein könnte. Der Kalifornier Daniel aus San Francisco hat die Strecke bis hierher in zwei Monaten bewältigt und will nun von Kolumbien weiter nach Venezuela um von da um Weihnachten herum zurückzufliegen. Als alter Seebär wird er dort dann ein Schiff der Flotte, für die er als Matrose arbeitet, besteigen und sechs Monate auf Tour sein.
Mittlerweile ist es drei Uhr und John kommt mit seinem Dingi herüber zum Holzanleger. Als wir zum Steg kommen hören wir zu unserem allgemeinen Wohlgemut noch mit, wie er gerade mit den lokalen Fischern einen Preis aushandelt, um die drei Motorräder an Bord zu bringen. Das wäre also geklärt. es wird nicht im Schlauchboot transportiert. Zuallererst verladen wir unser ganzes Gepäck und Heiko fährt mit John hinüber zur »Gabriella«. Das Holzboot faßt zuerst zwei Bikes und meins muß noch ein bißchen warten.
John der Kapitän macht sich beim Verladen der Motorräder auf die Fischerboote Gedanken
Als wir ein wenig wackelig zwar aber sicher an der »Gabriella« ankommen läßt John ein fünf Zentimeter starkes Stahlseil an einem Flaschenzug, der wiederum an einem Auslegerarm befestigt ist, herunter. Nachdem Heikos Nike vertäut ist setzt sich ächzend der Flaschenzug in Bewegung. Einige Fotos und auch ein paar Scherzchen, was wäre wohl wenn ..., da passiert es. Das Stahlseil hat sich beim Herausziehen aus der Winde so stark verkeilt, daß es ein Stückchen von einem Zahnrad abgeschert hat. Die Suzuki war glücklicher weise schon sicher auf dem Oberdeck abgesetzt. John schaut mit besorgtem Blick über die Reling zu uns ins Boot hinunter und meint, er müsse das erst mal schweißen. Na super, das wird wohl eine Weile dauern. Wir geben den beiden Kaiarbeitern, oder besser gesagt Holzstegarbeitern eine Zigarette aus und setzen uns erstmal hin. Das geht ja gut los! Dann nutzen wir die Gelegenheit an Bord zu gehen. Christine führt uns herum und wir können uns sogar als erste an Bord eine Kabine aussuchen. Es gibt eine so genannte Kingsuite, in der John und Christine wohnen und die sogar Platz für eine Badewanne hat. Danach kommt die Queensuite mit eigenem Bad und großem Doppelbett. Hier werden es sich, mit zwei zusätzlichen Matratzen, vier Leute bequem machen müssen. Unsere Suite hat zwei einzelne Betten, ein kleines Bad, mit Dusche und WC. Das Gepäck und die Motorradkisten allerdings passen da nicht mit hinein und wir stellen sie aufs Achterdeck. Dann gibt es noch zwei Doppelkabinen mit der gleichen Ausstattung. Im Endeffekt müssen also zwei Leute im großen geräumigen Wohnzimmer auf den beiden Couches schlafen. 14 Leute bei nur 10 Betten, das nenne ich Auslastung. Allerdings ist bei dem Preis, den wir bezahlen, wohl nicht die im Internet angepriesene Verköstigung mit drin. Christine erzählte mir später, die beiden machten seit einem Jahr mehr oder weniger Urlaub und fangen jetzt erst wieder langsam an etwas Geld zu verdienen. Aus dem momentan herrschenden Mangel an Chartergästen haben sie nun, aufgrund Marks aufmunternder Worte, die Backpacker als Zielgruppe entdeckt. Da dies aber eine Sparte von Touristen ist, die ohnehin kein Geld hat, ist das große Geld hier wahrscheinlich nicht zu machen. Jetzt ab Mitte, Ende November setzen hier in der Karibik die starken Winde ein und es gibt nicht mehr viele Segler, die die Strecke befahren. Vielleicht hat er ja mit seiner Riesenyacht gerade hier eine Marktlücke entdeckt.
John taucht aus dem Maschinenraum auf und hat die Winde repariert. Ein Schweißgerät ist also auch an Bord, na vielleicht werden wir bei schlechtem Wetter ein bißchen an den Motorrädern herumschweißen. Nein, ist natürlich nur ein Witz! Erstens werden wir kein schlechtes Wetter haben und zweitens sind unsere Bikes, bis auf die Reifen, in recht gutem Zustand. Es geht weiter. Jetzt kommt Daniels Bike an die Reihe. Auch seine Kawasaki ist nicht so schwer. Es geht alles glatt und wir hieven sie auf das Oberdeck neben dem Hauptmast. Als letzte ist meine Yamaha dran. Langsam straffen sich die vier Stahlseile des Flaschenzuges und das Motorrad hebt sich vom Seitenständer und stellt sich gerade. Die Federbeine werden entlastet und behäbig aber stetig hebt sie sich in die Höhe. Das kleine Fischerboot verliert seinen Tiefgang. John gibt von oben mit gerunzelter Stirn seine Anweisungen. Behutsam halten wir das Motorrad vom Rumpf der »Gabriella« weg, damit sie keine Kratzer bekommt und langsam gewinnt es an Höhe. Ich stehe auf dem unteren Deck und halte es von der Seite. Als der Fischer das beängstigende Knarren der Winde und Knirschen der Seile hört fährt er sein Boot unter der, nun etwa in zwei Metern Höhe hängenden, Maschine schnell weg.. Mir wird in dem Moment bewußt, das die zweihundertfünfzig Kilo der Yamaha an einem fünf Millimeter dünnen Seil hängen und wenn etwas passiert, dann saust mein Bike geradewegs in die Fluten. Es geht alles glatt und mir fällt ein Stein vom Herzen, als wir den Schwingarm mit dem Flaschenzug und der Yamaha auf das Oberdeck einschwenken. Das Verzurren der drei Motorräder dauert bis in den späten Abend, da John, der auch nicht mehr der Jüngste ist, seine eigenen Ansichten vom befestigen hat. Alles erledigt, Zufrieden und mit der Vorausschau auf fünf erholsame Tage, in denen wir uns um nichts kümmern müssen, fährt uns Christine mit dem kleinen Gummiboot zum Anleger zurück. In dem Supermarkt um die Ecke rüsten wir uns mit Rum, einer Palette Bier und diversen Snacks für fünf Tage und sitzen mit den restlichen, mittlerweile eingetrudelten Passagieren bis spät in die Nacht auf der Terrasse des Hotels Aduana.
250 kg Super Tenere am Haken der Gabrielle - ich halte die Luft an
Früh 6:30 Uhr geht es los. Alle packen ihre Siebensachen und machen sich auf zum kleinen Bootssteg, von dem uns John, unser Kapitän für die nächsten Tage, mit seinem Dingi abholt und zu der friedlich in der Bucht vor sich hin schaukelnden »Gabriella« fährt. An Bord gehen Birgit und Paul, ein Pärchen, sie Österreicherin und er US-Amerikaner, Richie und Philip, zwei durchgeknallte Iren, Aden, Steven und Peter, drei Australier, die blonde Hanna aus Schweden, Stephan der eiskletternde Österreicher vom Vorarlberg, Daniel, der verrückteste Biker den wir je getroffen haben und natürlich John der Kapitän und seine Frau Christine.
Paul, spricht als Amerikaner super Deutsch mit österreichischem Akzent
Die »Gabriella« legt ab. Die See ist ruhig, jeder macht es sich bequem und bald werden die ersten Bier geöffnet. Wir fahren mit durchschnittlich 7 Knoten dahin. Es ist völlig anders als Segeln. Bald haben wir auch zwei der Hochseeangeln von John ausgeworfen und hoffen natürlich auf einen dicken Fang. Heiko ist die meiste Zeit auf der Brücke und hilft John das Boot zu steuern. Die alte Lady ist bestens ausgestattet. In der großen Wohnkabine fehlt es an nichts. Big TV, Video, eine Musikanlage mit Boxen, die eine monströse Ozeanparty ermöglichen würden. Außerdem ist im typisch amerikanischen Stil eine Küche eingebaut, der es ebenfalls an nichts fehlt. Ein großer doppeltüriger Kühlschrank, Gasherd, Mikrowelle, Spüle und natürlich die obligate Kaffeemaschine, die rund um die Uhr im Einsatz sein sollte. Die Hälfte der Passagiere ist gleich am ersten Tag seekrank und liegt irgendwo flach auf dem weichen Teppich der Wohnkabine herum. Birgit setzt sich vorsichtshalber gleich an die Reling des Unterdecks um sich schnellstmöglich über Bord hängen zu können. Auch Hanna findet diesen Platz irgendwann als den geeignetsten. Richie hat seine Spielkonsole dabei und verbringt die meiste Zeit mit Steven oder Peter vor dem Fernseher beim Fußballspielen. Aden hat ca. 50 Film-DVDs dabei und ich sitze die meiste Zeit achtern, darauf hoffend, daß eine der Angeln uns einen Barracuda oder Thunfisch beschert. Wir fingen die ganzen sechs Tage über verhältnismäßig wenig Fische. Zwei etwa 40 cm lange Thunfische filetierte Christine gleich zu köstlichem Sushi filetierte und servierte sie den Leuten an Bord mit Sojasoße und Bassabi. John zog einen riesigen Barracuda mit einem großen Gapp, einer Art Bootshaken, aus dem Wasser. Einige kleinere Makrelen und einen großen karibischen Triggerfisch, dessen Fleisch unheimlich wohlschmeckend und von sehr angenehm fester Konsistenz war, harpunierte er vor dem Riff der San-Blas-Inseln.
Birgit mit ihrem einnehmenden Ösilächeln
An diesen angekommen, hielten wir als erstes auf Porvenier, einer der Hauptinseln, auf der sich das Immigrationsbüro befindet. Die meisten der über dreihundert Inseln sind zu klein, um bewohnt zu sein, und doch gibt es viele Kunas, die hier seit 1.500 Jahren leben und sich größtenteils vom Fischfang, den Kokospalmen und jetzt natürlich auch ein bißchen vom Tourismus ernähren. Die Inseln gehören zu Panama, doch viele der Kunas haben Panama-City noch nie gesehen. Sie verkaufen bunte Tücher und Stoffe, die mit Bildern aus ihrem kulturellen und alltäglichen Leben bestickt sind. Außerdem allerlei Ketten, Bänder, Schmuck und kleine Musikinstrumente. Sie tragen eng an Armen und Beinen anliegende Ringe, die manchmal äußerst unkomfortabel aussahen. Ihre Boote, in denen sich quasi das ganze Leben abspielt, werden Diggout genannt, was soviel bedeutet wie »aus einem großen Stamm rausgehauen«. Teilweise sind die Boote so lang und groß im Umfang, das man sich nur schwer den ursprünglichen Baum vorstellen kann. Die Bäume sind von über 700 Meilen entfernten Inseln.
In klimatisierten Gebäuden werden auf San Blas die Ausreiseformalitäten erledigt
Als drei der Boote mit den kleinwüchsigen Kunaindios längsseits kommen um den Passagieren der »Gabriella« ihre Waren anzubieten, nutze ich die Gelegenheit und zahle ihnen ein paar Dollar für einige Fotos. Auf einer kleinen Insel richten wir uns ein wenig gemütlich ein. Wir wollen hier übernachten und ich hänge meine Hängematte zwischen zwei perfekt stehende Palmen. Birgit, Paul und Stefan haben Zelte dabei und bauen diese auf. Wir brechen zum Schnorcheln auf oder gehen einfach nur im paradiesisch azurblauen Wasser baden. Am Abend bereiten John und Christine eine Party vor, zu der auch die Skipper der anderen Boote auf die Insel kommen. Unter anderen treffen wir ein schweizer Pärchen, die seit drei Jahren auf ihrem Segelboot unterwegs sind und auch ihre beiden, vielleicht vier und fünf Jahre alten, Kinder dabei haben. Als spät in der Nacht alle wieder auf ihre Boote aufbrechen und die kleine Insel wieder ruhig wird, machen wir uns bewußt, das wir auf einer vielleicht gerade mal tausend Quadratmeter messenden Insel mitten im Karibischen Ozean hocken die nur mit knapp fünfzig Kokospalmen bewachsen ist. Keiner von uns Fünf hat auch nur im geringsten an ein eventuelles Unwetter gedacht. Nach einem zünftigen Insellagerfeuer kriechen Birgit und Paul in ihr Zelt und Heiko macht es sich gemeinsam mit Stephan in dessen Zelt bequem. Ich kuschle mich in meine Hängematte und bin auch bald eingeschlafen, als ich vom rieselnden Regen aufwache. Er wird immer stärker und ringsum herrscht Dunkelheit. Der Mond wirft nur noch ein schwaches Licht durch die dichte Wolkendecke. Als ich einschlief, funkelten da noch tausende Sterne. Der Regen nimmt zu. Ein kühler Wind kommt auf und ich bin in Nullkommanichts bis auf die Knochen naß. Ich decke mich mit meinem wasserdichten Packsack zu und döse mehr oder minder vor mich hin. Ich rede auf den Regen ein, er solle doch für wenigstens ein paar Stunden innehalten und wirklich nach etwa zwei Stunden hört es auf. Sofort bin ich eingeschlafen. Dieses Spielchen trieb die Natur in dieser Nacht noch vier mal mit mir.
Als der Himmel am Morgen wieder aufklart, als wäre nichts gewesen, habe ich mir eine ordentliche Erkältung eingefangen die sich auch auf den Magen legt. Da alle anderen noch schlafen, mache ich mich auf die Insel zu umrunden. Langsam am weißen Sandstrand entlangschlendernd erreiche ich nach ca. einer halben Stunde meinen Ausgangspunkt und lege mich in die seichten Wellen unter die langsam erstarkenden Sonnenstrahlen. Wir verbringen einen wunderschönen Tag auf der Insel, erkunden mit dem Seekajak der »Gabriella« die Nachbarinseln und schnorcheln über das Riff. Auch ein nahegelegenes Schiffswrack ist einen Besuch wert. Ein Skipper verlor sein Boot nach Johns Aussage durch grobe Fahrlässigkeit. Ehemals ein schöner und stolzer Segler, liegt er nun, völlig geplündert und ausgeräumt vor den Inseln auf Grund und fristet ein klägliches Dasein als Fotomotiv und Ausflugsziel.
Die Zeit vergeht und das paradiesisch friedliche Leben auf der Insel neigt sich dem Ende zu. Auf Grund von Unwettern in dem Gebiet welches wir auf unserem Kurs nach Kolumbien durchkreuzen werden, entscheidet sich John, zur Freude aller Passagiere, für einen weiteren Tag im Inselparadies zu bleiben. Dann jedoch geht es wieder los. Einen Tag, eine Nacht und noch einen halben Tag durchfahren. Heiko erweist sich für John als große Hilfe. Er hält das Schiff sicher auf seinem Kurs und auch einige andere steuern für einige Zeit das Schiff durch die schäumende See. Die anderen liegen wieder auf ihren angestammten Plätzen, welche die Seekrankheit ihnen zugewiesen hat, und hoffen das sie schnellstens der Schlaf übermannt.
Heiko war unser Steuermann ...
Ich stehe auf dem Topdeck der Gabriella und der Mondschein spiegelt sich auf dem Wasser. Tausende Sterne bedecken den Himmel bis zum Horizont. Der Horizont zieht sich 360° um das ganze Schiff, wie eine Scheibe. Wir sind mutterseelenallein auf dem weiten Ozean. Das Schiff taucht behäbig ab in die tiefen Wellentäler um sich danach mit aller Kraft aus ihnen herauszuarbeiten. Ich arbeite die ganze Nacht in unserer Kajüte am Computer und als mir fast die Augen zu fallen gehe ich nochmals auf eine Tschick ins Steuerhaus, wo Paul, Heiko und Stefan die Stellung halten.
In der komfortablen Wohnkajüte: (v.l.n.r.) Philip, Richi, Steven, Daniel, Aden und Peter
Am nächsten Tag laufen wir gegen sechs Uhr am Abend in Cartagena ein. Der Agent von John, welcher die Einreiseformalitäten für alle Passagiere erledigt, kommt mit einem kleinen Boot längsseits und nimmt die Pässe in Empfang. Wir laden alles Gepäck in das kleine Dingi und John bringt alle wohlbehalten zu einem Segelclub am Kai, wo wir, während wir auf unsere Pässe warten ein erstes kolumbianisches Willkommens- und gleichzeitig Abschiedsbier trinken. Wir haben uns alle für sechs Tage gefunden, gut verstanden und jetzt reist jeder wieder seine eigene Reise. Der Abschied fällt nicht in jedem Falle leicht. John nahm Daniel, Heiko und mich gleich zu Beginn der Fahrt zur Seite und erklärte uns, das der Transport der Bikes nach Kolumbien eigentlich illegal ist, da er keine Frachtgenehmigung besitzt. Na wunderbar dachte ich, die Bikes werden vom kolumbianischen Zoll beschlagnahmt und die Reise ist vorbei. John schlägt vor, das wir drei noch eine Nacht an Bord der »Gabriella« verbringen und am nächsten Morgen 5:00 Uhr, wenn die Zollbüros noch geschlossen sind, die Motorräder an der in einer kleinen versteckten Bucht des Hafens liegenden Bootstankstelle abladen. Gesagt getan, wir gehen mit unseren Freunden auf ein letztes Bier und fahren dann mit einem Taxi zum Hafen zurück, wo uns John halb zehn vom Yachtclub abholt.
Am nächsten Morgen geht alles reibungslos. Unbemerkt laden wir die Motorräder mit dem quietschenden Flaschenzug ab und fahren zum Hotel Doral. Daniel liefert eine spektakuläre Einfahrt in den Innenhof des Hotels, bei der seine treue Reisetasse zu Bruch geht. Ihm stand ein Baum im Weg und auf dem spiegelglatt geschrubbten Boden war wohl die Vorderradbremse nicht die beste Wahl. Wir satteln ab, sitzen bei einem Bier zusammen und unterhalten uns über die Ereignisse der letzten Tage. Eine schöne Etappe unserer Reise geht wieder mal zu Ende. Vielen Dank für diese wundervolle Zeit, die vielen Eindrücke und lieben Freunde die wir kennenlernen durften.