Nach langer Fahrt, die uns eigentlich nur von der Grenze wegbringen sollte, kommen wir nach San Carlos.
Das kleine Fischerstädtchen ist fast völlig mit Gringos durchsetzt. In wenigen Minuten haben wir es durchquert. Wir machen am Yachthafen Marina San Carlos halt um uns bei einem Kaffee ein bißchen von der Fahrt auszuruhen als Brian uns auf unsere voll bepackten Bikes anspricht. Wir wechseln die üblichen Floskeln und fragen, ob es eine Möglichkeit gibt, hier für weniger als Wenig zu übernachten. Er meint, er campe gratis etwas weiter draußen am Strand und hatte natürlich sofort unser Gehör. Gesagt getan, wir folgen ihm und seinem 4,2-Liter-Truck zum Strand und finden ein Plätzchen wie man es wohl nur selten findet.
Am Strand von San Carlos
Mitten in den Dünenbüschen, geschützt vor dem von Zeit zu Zeit recht kräftig wehenden Wind, bauen wir unser Zelt auf. Unsere Nachbarn sind Brian Mannix, aus Nederland Colorado, der uns her gelotst hat und dessen Zelt einen Busch weiter steht. Er ist Wildwasserrafter und mit seinen aufblasbaren Booten sollten wir noch viel Spaß haben. Ganz vorn an der Küste steht Steve mit seinem kleinen Wohnanhänger.
Er ist aus dem Inland von Washington angereist und hat seine Kiteboards dabei. Das sind Boards ähnlich wie beim Windsurfen nur viel kleiner. Eines fährt er sogar ganz ohne Fußriemen, was eine hohe Professionalität voraussetzt. Der Kite ist ein dazugehöriger großer Lenkdrachen, mit dem er sich vom Wind durch das Wasser ziehen läßt und der ihm gigantische Sprünge von bis zu 10 Metern Höhe ermöglicht. Unheimlich beeindruckend und sehr, sehr schnell.
Schließlich und letztlich wären da noch Felix der Rastamann und seine Frau Ceverne zu nennen, die mit ihrer Tochter Thuv und ihrem großen Wohnwagen das ganze Jahr über hier stehen und sich zwischen den Dünen ein herrliches Camp, mit Feuerstelle und gemütlicher Sitzgruppe, eingerichtet haben. Thuv ist 15 und hat natürlich ihren eigenen kleinen Wohnwagen.
Wir beginnen das erste mal bei Temperaturen, von denen wir im Norden immer nur geträumt haben, die Küste zu genießen. Einen schönen Ausflug zu einem kleinen Wasserfall in der Nähe nutzen wir gleich zum Duschen.
Es dauert etwa drei, vier Minuten bis man wirklich ganz naß ist, da das Wasser von den Steinen heruntertropft und es ist nicht wirklich warm. Auf dem Weg dorthin wandern wir durch das trockene, öde Steppenland der mexikanischen Küste, bewachsen mit großen Kakteen und harten stacheligen Büschen. Zwischen herrlichen, leuchtenden Blumenbüschen kreuzen ab und zu Pferdeherden der mexikanischen Farmer unseren Weg.
Auch die uns schon vom Death Valley bekannte Tarantel muss wieder für einige Fotos herhalten.
Ein abschließendes Vollbad in einem der Wasserauffangbecken der Farmer rundet diesen Ausflug ab.
Von einem Pärchen aus Kanada, Michael und Helga, die vor dreißig Jahren aus Bayern auswandert sind, erfahren wir bedeutend mehr über Mexiko. Sie reisen seit 25 Jahren nach Mexiko und sind mit einem alten VW-Bus unterwegs. Viele ihrer Tips findet man in keinem Reiseführer der Welt. Auch über das Essen, was sehr wichtig ist, da wir nur sehr langsam Spanisch lernen und schon viel zu lange Takkos mit Chili con Carne essen.
Auch der Tip mit dem Abendessen bei Señiora Rosa in dem kleinen Fischerdorf an der Küste war Klasse. Da sie kein Schild draußen stehen hat und wir mit unserem Spanisch und auch noch im Dunkeln immer noch etwas schüchtern sind, hatten wir Mühe es zu finden, aber letztendlich reichte es für ein herrliches Abendessen mit reichlich frischen Shrimps und einem kühlen Bier dazu.
Nach einigen wunderschönen und ausgesprochen faulen Tagen lernen wir Jack kennen.
Er ist ein Freund von Brian und hat im kleinen Hafen von San Carlos sein altes Segelboot festgemacht. Nach einigen Bieren und dem gemeinsam erlebten Sonnenuntergang war der Bootstrip für den nächsten Morgen abgemachte Sache. Wir stehen früh auf, um uns mit ihm gegen 10:00 Uhr am Hafen zu treffen. Er ist bereits auf seinem Boot und hat alles vorbereitet zum Segel setzen. Sein Boot, die »Beau Jon«, ist eine 28 Jahre alte Ericson 29, die er erst vor wenigen Monaten in einem guten Zustand gekauft hat, und er ist immer noch dabei alles auszuprobieren. Zwei Stunden später verlassen wir den Hafen, nachdem ein Freund eine kleine Reparatur im Mast durchgeführt hat, für die er von Brian mit der Segelwinde bis ganz nach oben gekurbelt wurde.
Dann tuckert uns der kleine Vierzylinder des Bootes zur Hafenausfahrt. Kaum haben wir den Hafen verlassen springen zwei Delphine lustig spielend um den vorderen Kiel der »Beau Jon«. Wahrscheinlich sind wir ihnen jedoch nicht schnell genug, denn sie verschwinden so schnell wie sie kamen und langsam öffnet sich uns der Golf von Kalifornien.
Jack meint, heute segeln wir mal das Spinnaker. Und wahrlich, es ist eine Augenweide wie sich das recht bunte Segel aus dem Segelsack schlängelt und unverzüglich vom Wind erfaßt wird.
Es bläht sich am Bug durch den Wind wie ein gigantischer Sack auf. Die Maschine wird gestoppt und kaum war das Segel draußen erfaßt ein gewaltiger Schub das Boot und bringt es in Fahrt. Siehe da, wir segeln! Ganz ohne Maschine oder Muskelkraft, einfach nur mit der Kraft von Mutter Natur. Und das Boot macht mehr Fahrt als mit Motor. Wir lehnen uns zurück und Jack mixt unten in seiner Kabine ein paar Magaritas die mich persönlich alle Ängste vergessen ließen.
Die »Beau Jon« ist jetzt recht schnell. Ich sitze achtern und lasse mir den salzigen Seewind um die Ohren wehen. Das Boot fegt über die Wellen und knallt dann recht hart aufs Wasser. Die salzige Gischt schafft es nur selten bis zu uns hinter, doch ab und zu kommt eine Woge ganz feiner Spritzer und ich halte mein Gesicht hinein und genieße es. Jack kommt aus Washington und ist vielleicht sechzig Jahre alt. Er segelt seit seinem 17. Lebensjahr und hat sich viel von seinem Vater abgeschaut, der in Japan früher Boote gebaut hat. Er selbst hat im Verlaufe seines Lebens alle möglichen Boote gesegelt und freut sich nun über dieses ganz besonders. Obwohl es nicht unbedingt für die hohe See geeignet ist, läßt es sich, einmal im Wind, hervorragend segeln und ist fantastisch ausbalanciert.
Jack überläßt mir das Steuer und meint, er würde erstmal ein Nickerchen machen gehen. Gesagt getan. Ich segele die »Beau Jon« hart am Wind, wie er es mir gezeigt hat und sie reagiert auf die kleinste Bewegung des Steuerrads. Ein herrliches Gefühl, auf dem Ozean zu segeln! Der Wind fliegt dir um die Ohren, die Luft schmeckt salzig und du bist frei. Frei wie der Wind, der sich mit aller Gewalt im Segel sammelt und das 2,5 Tonnen schwere Boot vorantreibt.
Der Tag streicht dahin, wie das Boot durch die Wellen. Als der Kiel des Seglers wieder das Hafenwasser zerfurcht, ist es fast Sechs und hier wieder Zeit für den herrlichen Sonnenuntergang.
Wir verabreden uns für den nächsten Tag und haben am Ende noch einige Tage auf See. Vielen Dank dafür an dieser Stelle!