Die Straße ist voll und ich denke so bei mir selbst »Irgendwie ist heute jeder nach San Blas unterwegs«. Die unzähligen LKW fahren wie die Teufel, als ob sie ein Rennen gewinnen wollen, sie überholen an Stellen wo selbst wir unsere Geschwindigkeit drosseln, weil die Kurven nicht einsehbar sind. Schilder oder durchgehende Mittellinien interessieren nicht wirklich. Die Straße windet sich herrlich durch die grün bewaldeten Berge und die Natur zeigt sich langsam subtropisch. Das tiefe satte Grün der undurchdringlichen Büsche reicht bis an den Asphalt der Straße. San Blas kündigt sich mit kleinen Häusern und Ständen langsam an. Die Cafés und Grillstände am Straßenrand bieten endlich neben den leckeren Hühnchen vom Holzkohlegrill auch frischen Fisch und vor allem Lobster an.
San Blas ist eine lustige bunte Kleinstadt. Tausende bunte, handgemalte Werbeschilder weisen auf Geschäfte und Dienstleister hin. Am Strand finden wir unzählige Cafés und Palmenblätterbars die uns einladen, vor der heißen Sonne zu flüchten und den Staub der Straße mit einem kühlen Bier herunterzuspülen. Unter einem der weiten Palmendächer finden wir einen Platz für unser Zelt und haben damit den weiten Blick über den Pazifik mitgebucht. Viele Mexikaner machen einen Tagesausflug nach hier, sonnen sich mit ihren Familien am Strand oder spielen mit ihren Kindern. In dem benachbarten Restaurant des Surfcamps fragen wir nach den Aktivitäten an Heiligabend, also morgen und merken, daß wir einen Tag voraus sind und Heiligabend erst in zwei Tagen ist. Wir genießen den Sonnenuntergang und unterhalten uns mit Nicki, der deutschen Freundin des Betreibers.
Die Nächte am Strand von San Blas haben etwas Magisches. Der Fast-Vollmond scheint hell durch die vereinzelten Wolken, die beharrlich versuchen ihn zu verdecken. Schnell haben wir uns daran gewöhnt und kommen ohne unsere Lampen aus. Bei den jungen Burschen im Surfcamp plätschert leise Jamaicamusik und aromatische Düfte der höchstwahrscheinlich sorgfältig ausgewählten Kräutermischungen ziehen in regelmäßigen Abständen zu uns herüber. Es ist immer noch sehr angenehme 25 Grad warm und der laue Seewind, der vom großen schwarzen Nichts herüberweht, raschelt leise im Palmendach, an dessen Schattenkante wir sitzen. Mit leichter Kopfbewegung kann ich so in den jetzt grell scheinenden Mond blinzeln.
Einen Tag vor Weihnachten lernen wir Wolfgang Kesseckert kennen. Von seinem Strandspaziergang zurückkommend sieht er unsere deutschen Nummernschilder. Er ist Industriedesigner und lebt seit zehn Jahren in Kanada. Bei ein paar Bier unterhalten wir uns über Gott und die Welt, über Vor- und Nachteile des Systemwandels in Deutschland, über Politik, Kultur, Kunst und letztendlich die Liebe.
Wir bleiben einige Tage am Strand und müssen uns nur einer lästigen Plage erwähren. Eine Art Sandfliege macht uns die Hölle heiß. Nicki sagt, daß diese Fliegen an Vollmondnächten besonders aktiv seien und eine, weiter unten an einem einsamen Strand lebende, alte Hippifrau, ein Mittel aus Kokosmilch und Zitronella entwickelt hat um sich ihrer zu erwehren. Kann mal eben jemand diese Frau rufen??? Ich zähle einen Morgen 35 Bisse allein an meinem Unterarm. Kein Platz ist vollkommen, so sind wir, als wir unsere Sachen packen um weiter zu reisen, recht froh daß wir den kleinen Bistern endlich entkommen können.