In Morelia sitze in der sehr großzügig gestalteten Lobby des Hotel Jorge und lausche den Geräuschen der viel zu lauten Stadt. Im Hintergrund machen Yvonne und Heiko gerade Wasser für eine Suppenmahlzeit auf unserem Kocher heiß. Im Hintergrund läuft irgendwo ein Staubsauger. Der Tag ging schrecklich los. Die Gewißheit, daß im Inneren des Motors meiner Super-Tennere irgendwas nicht in Ordnung ist und die Reparatur meine Finanzen sprengen würde, machte mich rasend. Yvonne erwartete natürlich die Aufmerksamkeit die eine zukünftige Ehefrau erwartet, doch für mich war die Situation alles andere als eindeutig. Alles war offen und das tägliche Roulette des Lebens zu gewinnen nie so aussichtslos wie an diesem Morgen. Heiko und ich fuhren zum Yamaha-Händler der Stadt und führten das Problem vor. Wir fanden sofort ein offenes Ohr. Obwohl die Sprachprobleme und das mangelnde Wissen über Motoren uns die ganze Sache erschwerten, ging alles wie von selbst. Das Motorrad wurde hineingeschoben und sofort standen alle drumherum. Jeder mutmaßte, was wohl die Ursache sein könnte für die mangelnde Leistung, das Aussetzen eines Zylinders, die dicken schwarzen Wolken die aus dem Auspuffrohr aufstiegen und vor allem die Unmengen an überschüssigem Öl, die sich im Ausgleichsbehälter befanden.
Am Ende bestätigte sich die allererste Vermutung des Mechanikers mit den langen Haaren, daß es wohl mit der zu fetten Benzinzufuhr zusammenhängt. Er baute die Vergaser aus und fing an, die Membranen auf undichte Stellen zu überprüfen. Ab und zu fiel ihm eine Unterlegscheibe herunter und ich dachte noch bei mir selbst, hoffentlich weiß er was er tut. Doch nach einigen Stunden, Heiko und ich leisteten natürlich viel Nebenarbeit in Sachen Verkleidung abbauen, Tank herunternehmen oder Luftfilter ausbauen, zweifelten wir nicht mehr an der Professionalität der Mechaniker. Auch die Selbstsicherheit, mit der sie an das Problem herangingen machte mich sehr zuversichtlich. Die Kompressionsmessung ergab zwar nicht die Werte, die ich eigentlich erwartete, nämlich die, die in meinem Handbuch standen, aber wir waren schon froh, das wenigstens beide Zylinder die gleichen Werte brachten. Zufrieden, daß keine Teile aus Europa bestellt werden mußten und ich nochmal mit heiler Haut davon kommen würde, konnte mich der Werkstattchef, als er mir die Rechnung präsentierte, kaum noch überraschen. Am Ende bezahlte ich den Preis, den mich in Deutschland wahrschenlich eine einzige Arbeitsstunde gekostet hätte. Ich bezahlte ihn gern, wußte ich doch, daß ich sogar neues Öl und neue Zündkerzen eingebaut bekam. Wir hatten mittlerweile einen halben Tag in der Werkstatt zugebracht und die Jungs wirklich ganze Arbeit geleistet. Auf der Fahrt zum Hotel zurück juckte es in den Fingern. Aber an Richtig-Gas-Geben war im dichten Stadtverkehr nicht zu denken.
Jetzt fangen die Grillen an zu zirpen und die Lichter auf dem Garagenhof sind angegangen. In Fernseher unseres Zimmers geben sich Karatetiger 1, 2 und 3 die Ehre.
Der Tag hatte etwas von Sein oder nicht Sein und für mich hat es sich mal wieder zum Positiven gewendet. Vielen Dank dafür, wer auch immer dafür verantwortlich ist!